Kleingärten als Lebensraum für die hannoversche Vogelwelt

Der hier veröffentlichte Textauszug aus dem vom Hannoverschen Vogelschutzverein von 1881 e.V. (HVV) Gruppe Hannover des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) im Jahr 2006 herausgegebenen Werkes „Die Vögel der Stadt Hannover“ wurde freundlicherweise durch den Autor und anerkannten Ornithologen Dieter Wendt zur Verfügung gestellt.

Kleingärten

Hannover ist auch die Stadt der Kleingärten. Etwa 21.000 Gärten bedecken eine Fläche von 1.100 ha, das sind 5,4 % der Gesamtfläche. Noch gibt es alle Formen, vom alten Obstgarten über den Garten mit Gemüse- und Kartoffelanbau bis zum Typ „steriles Wochenendgründstück mit Rasen, Rosen, Koniferen und einem Gartenteich“. Der Trend geht seit Jahren weg vom Nutzgarten hin zur Erholungsfunktion, diese Strukturveränderungen wirken sich sehr negativ auf die Vogelarten der Gärten aus. Ökologische Ansätze wie Naturhecken und Wildkräuter werden zwar in Verbandszeitschriften empfohlen, in der Praxis aber oft von Nachbarn oder konservativen Vorständen verhindert, für die ein Garten „ordentlich und sauber“ aussehen muss wie die „gute Stube“. Eine Untersuchung der Artenvielfalt und Siedlungsdichte (SD) in 9 unterschiedlich alten und großen Kleingartenbereichen (69,4 ha) ergab 1986 36 Brutvogelarten mit 1.043 Brutpaaren (LAUSER & DENSE 1990). Die sechs häufigsten Arten (Haussperling, Amsel, Heckenbraunelle, Kohlmeise, Blaumeise und Grünfink) haben mit 737 BP einen Anteil von 70,7%. Es überwiegen mit 90,3% der Brutpaare die Busch- und Höhlenbrüter, Baum- und Bodenbrüter sind stark unterrepräsentiert. Nur der Gartenrotschwanz, der mit 34 BP eine unerwartete SD von 49 BP/km2 erreichte, wird in der Roten Liste Niedersachsen in der Kategorie 3 geführt. Mit Haussperling, Feldsperling, Star und Bluthänfling werden weitere 4 Arten, die in den Kleingärten eine hohe SD erreichen, in der Vorwarnliste geführt.

In älteren, strukturreichen und oft auch größeren Kleingärten ist die Artenvielfalt höher, es leben auf 10 ha Fläche etwa 30 BP mehr und diese Gärten sind als Überwinterungsgebiet für Gastvögel geeigneter. Ältere Gärten mit Obstbäumen, an denen im Winter noch Äpfel hängen, sind eine Überlebensnische für nordische Gäste wie Seidenschwänze und Wacholderdrosseln. Alte Gartenlauben mit der „Gerümpelecke“ dahinter sind Brut- und Nahrungsplätze für Arten wie Haussperling, Zaunkönig und Grauschnäpper.

Zusammenfassend betrachtet sind Kleingärten bei einem Vergleich der Biotoptypen in der Stadt Lebensräume mit mittleren SD für überwiegend noch häufige Brutvogelarten. Eine deutliche Verbesserung könnte durch naturnahe Gestaltung und ökologische Bewirtschaftung erreicht werden. Besonders ältere Kleingartenanlagen sollten über die Flächennutzungs- und Bebauungspläne abgesichert und nicht dem Flächenbedarf von Industrie, Gewerbe und Wohnungsbau geopfert werden. Neuanlagen kleinparzellierter Gärten sind auch auf Dauer durch den höheren Nutzungsdruck kein Ersatz für den eingetretenen Verlust. (LAUSER & DENSE 1990, WOLSCHKE- BULMAHN 1999, JAEGER 2000).

Quelle: WENDT, D. (2006): Die Vögel der Stadt Hannover